In der sächsischen Zeitung wird derzeit eine Diskussion über Erziehungsmethoden bzw. über Erziehung im Allgemeinen angeregt. Wenn ich so betrachte, wie viel Menschen Probleme mit der Erziehung ihres Nachwuchses haben, gibt mir das doch sehr zu denken. Die Kinder, und ich spreche nicht von pubertären Jugendlichen, sondern von Erstklässlern, treten äußerst respektlos gegenüber Erwachsenen auf. Selbst Lehrer sind aus der Sicht der Kinder schon lange keine Respektpersonen mehr. Sie sind nicht gewillt, sich in irgendeiner Hinsicht unterzuordnen. Woher auch. Sie haben es ja auch nicht gelernt. Zu Hause sind sie vielmals als gleichrangige Partner angesehen oder werden teilweise in der Familienhierarchie nach oben gehoben. Und sind damit natürlich vollkommen überfordert. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich unter Hierarchie nicht das Böse sehe. Aber in jeder Zelle des Zusammenlebens gibt es eine gewisse Hierarchie. Ob gewollt oder auch nicht. Anders kann ein Zusammenleben nicht funktionieren. So kann es doch in einer intakten Familie nicht sein, dass beim Sonntagsausflug der siebenjährige Spross der Familie im Auto vorn neben dem Vater sitzt, und die Mutter auf der Rückbank. Aus erzieherischer Sicht ist das ja noch nicht verwerflich. Aber auf meine vorsichtige Anfrage erfuhr ich, dass dies immer so gehandhabt wird. Mutter muss hinter. Wie soll der Sohn erkennen, dass die Mutter in der Rangordnung über ihm steht. Er erlebt es ja nicht anders.
Die Lehrerin in der Grundschule schreibt wieder einmal eine Mitteilung an die Eltern eines Kindes. Der Sohn hatte zum wiederholten Mal einen Mitschüler getreten. Wohlgemerkt in der ersten Klasse. Der Vater sagt im Beisein des Kindes zur Mutter: „Was die bloß wieder hat. Wir waren doch alle mal Kinder“. Das sich der Sohn solche Reden merkt ist ja ganz normal. Von nun an kann die Lehrerin reden was sie will. Sie hat schon verloren. Der Junge hat immer unbewusst den Sicherheitsbonus des Vaters im Hinterkopf. Überhaupt werden die Kinder erst einmal vor den Lehrern in Schutz genommen. Mein Kind kann das nicht gewesen sein. Mein Kind doch nicht. Aber dann wird verlangt, dass die Lehrer alles richten. Die Erziehung oder besser gesagt die Nichterziehung ausbügeln. Bei uns war es genau andersherum. Da kam die Rede von meinem Vater: „Was hast du denn schon wieder ausgeheckt“. Die Eltern kamen gar nicht auf die Idee, der Lehrer könnte sich den Unsinn, den wir ausgefressen hatten, ausgedacht haben, um uns zu schaden. Die Strafe folgte auf dem Fuß. Einmal vom Lehrer. Einmal von den Eltern. Wir waren vorerst geheilt. Und wir haben keinen psychischen Schaden davon getragen.
Eine verzweifelte Mutter, ist in die Schule bestellt, weil der Sohn zum wiederholten Mal keine Hausaufgaben hatte. (Grundschule zweite Klasse) Es stellt sich heraus, dass der Spross einfach keine Lust hat die Hausaufgaben zu erledigen. Die Mutter wüsste auch nicht, was sie da machen soll. Auf Anraten der Lehrerin, doch konsequent zu sein, und dem Sohn seine Lieblingsbeschäftigung (bei uns war es Fußball spielen – heute sicherlich Computer oder Fernsehen) erst zu gestatten, wenn alle Aufgaben erledigt sind, folgt die Antwort: „Ja Sie haben das studiert. Aber ich kann das nicht.
In diesem Fall ist schon abzusehen, wie der Junge mit 14 Jahren mit seiner Mutter umgeht. Und viele Väter sind da nicht viel besser. Ich frage mich, wo das alles hinführen soll. Wer hat uns gelernt, wie wir unsere Kinder erziehen. Wer hat unseren Eltern gelernt, wie sie uns erziehen sollen. Und was war mit unseren Großeltern. Irgendwie habe ich den Eindruck, je besser es den Menschen geht, umso schlechter erziehen sie ihren Nachwuchs. Was aber machen die, in so unendlicher Freiheit, nicht erzogenen, ach so selbstverwirklichten Charaktere, einmal mit ihrem Nachwuchs.
Vor einiger Zeit, war der pädagogische Psychologe Ralf Hickethier im Ort und hielt einen sehr interessanten Vortag über Erziehung. Dieser Vortrag war allen Eltern der Schüler ans Herz gelegt worden. Er fand auch Zuspruch unter den Eltern. Aber leider kamen die falschen Eltern. Ein Großteil der anwesenden Eltern wurden in der Art und Weise ihrer Erziehung bestätigt. Die Eltern, für die das Gesagte des Herrn Hickethier Neuland auf Ihrem Weg zu einer Erziehung gewesen wäre, glänzten mit Abwesenheit.